Donnerstag, 30. Juli 2015

"DER HERR WEBER" ein Kurzgeschichterl aus einem meiner E-books





Der Herr Weber



Ein brütend heißer Sommertag. Die Tür meines kleinen Geschäftes in der Wiener Innenstadt ist weit geöffnet. Ich sitze am Computer und arbeite, als eine männliche Gestalt eintritt, die mir sofort seltsam bekannt vorkommt.
Eine weiße Schiebermütze bedeckt das wahrscheinlich eher spärliche, dafür fettige Haar.
Ein grellbuntes Hawai-Hemd blendet in seiner Farbpracht.
Eine bunt karierte Hose verblüfft mich ob der Unvereinbarkeit mit dem Hemd.
Ein Köfferchen wird leise hin- und her geschwungen.

Wo habe ich diesen Typ bloß schon gesehen???
Der Kopf ist leicht gesenkt, tieftraurige Augen blicken mich prüfend von unten her an. Die Nase scheint durch ihre Länge Bedauern auszudrücken und leichte Verzweiflung, dass sie in diesem Gesicht verharren muss.
Da fehlen doch nur noch lange Schlappohren! durchfährt es mich in plötzlichem Erkennen.
Natürlich!
So sahen die traurigen Gestalten in der Micky-Maus aus.
Wo man immer sofort wusste, dass sie sich gleich selbst in unglaubliche Schwierigkeiten bringen würden.
Ein hitzegeschwächtes Lächeln überzieht mein Gesicht. Und dann entspinnt sich mit diesem „Ritter von der traurigen Gestalt“ folgender Dialog.

„Guten Tag! Weber mein Name.“
Ich: „ Ja, bitte?“
Traurig gleitet der Blick über die unzähligen bunten, fröhlichen Bilder, die an der Wand meines kleinen Geschäftes hängen.
Herr Weber: „I was, doss Se nua Büda vakaufen.
Pause.
Ein weiterer seelenvoller Blick trifft mich.
„Oba - wolln’s net a  M e s s a  vakaufn? De vatritt i nämli.“
Echte Verblüffung auf meiner Seite.
Was antwortet man in so einem Fall?
Noch dazu wo es so heiß ist! Wirklich sehr heiß.
Und so antworte ich mit letzter Kraft und ebenso schwacher Stimme wie Herr Weber.
„Woll’n S’ ma des net dasporn?“
Herr Weber überlegt. Sieht mich dabei wieder mit traurigen Hundeaugen an und haucht mit beinahe versagender Stimme.
„Na, guat!“ Dreht sich um - und geht.

Gelacht habe ich erst abends, als es kühler wurde.


©by Gitta Landgraf 2005

!!! WIEN WIE ES LEIBT UND LEBT!!!

Diese Kurzgeschichte ist aus meinem E-Book