Montag, 2. Dezember 2019

"TABLETS IN LOVE" von GITTA LANDGRAF

 






TABLETS IN LOVE

TIM HAUSMANN STORYBOARD & ILLUSTRATION

www.timhausmann.com 






Es war einmal eine Zeit gekommen in der die Menschen sich nicht mehr in die Augen sahen.

Sie hielten die Augen gesenkt, starrten auf ihre „Lebenstablets“ und niemals auf ihr Gegenüber.
Ja sogar, wenn sie wissen wollten, wie das Wetter war, fragten sie ihr Tablet und blickten nicht gegen Himmel in strahlendes Blau, milchiges Weiß, dunstiges Grau, dunkel verhangene schneeträchtige Wolken oder wie sich sonst eben die Natur, die Welt, präsentierte.

Beinahe niemand mehr sah man aufrecht gehen; die Köpfe waren und blieben gesenkt.
Die Evolution hatte unseren Wunsch zur Kenntnis genommen und umgesetzt.

Da geschah es, dass zwei Tablets geboren, d.h. konstruiert wurden, die beide einen winzigkleinen Fehler in sich trugen, der aber verheerende Folgen für die tabletabhängige, aber zufriedene Menschheit in sich tragen konnte.

Eine Schraube war in ihnen nicht exakt genug angezogen worden, also war bei Beiden im besten Sinne des Wortes „eine Schraube locker“.

Das bewirkte, dass die beiden Tablets so etwas wie „Sehnsucht nach Erfüllung“ oder „Bedürfnis nach Fehlendem zu suchen“ hatten. Schlicht und einfach ausgedrückt, ihr „Alter Ego“ finden wollten.

Das äußerte sich in gelegentlichen Eskapaden wie „Herzchen“ mitten in einem hochwissenschaftlichen Text, den sich ihr Herr und Meister gerade zu Gemüte führen wollte. Oder eine „rosa Überflutung“ des Tablets ihrer Besitzerin.
Aktionen, die beide TB (Tabletbesitzer) erschreckten und schockierten!
Als Reaktion darauf, Überbleibsel aus uralten Evolutionsstadien, bewog, die Köpfe etwas an zu heben.
Äußerst ungewöhnlich in diesen Zeiten!

Dann geschah das Unfassbare.
Eines Tages begegneten sich die beiden Tablets im Stiegenhaus. Denn wie es der Zufall so wollte, lebten ihre Besitzer im selben Haus.
Ein funkelnder, roter Sternenregen aus winzig kleinen Herzen schoss aus den beiden Tablets heraus.
In die erschrockenen Gesichter der TT (Tabletträger), denn mehr waren die Menschen nicht mehr….

Die Beiden zuckten zurück.
Blieben stehen.
Ihre Hände zitterten.
Ihre Köpfe hoben sich.
Ihr Blick durchdrang erstmals seit langer Zeit den üppigen Haarvorhang, der sie und ihre Tablets umhüllte.
(In der Zwischenzeit war es nämlich Mode geworden, das Haar von hinten nach vorne zu kämmen, dadurch, unter anderen Vorteilen, das Tablet vor den Blicken der anderen zu schützen. Man wusste ja nicht, was den menschlichen Kontrahenten einfallen würde, um an ein Tablet neuerer Machart zu gelangen. Hatte es doch schon gezielte Angriffe in räuberischer Absicht gegeben. Aber das ist eine andere Geschichte.)

Jedenfalls konnten unsere beiden TBs ein wenig von ihrem Gegenüber erkennen, während ihre Tablets weiterhin „Herzensstürme“, „Herzensregenbogen“, ja sogar ein „Ich hab dich lieb!“ (natürlich in Herzbuchstaben geschrieben) versprühten.

Da löste sich eine Hand des Mannes unter gewaltiger Anstrengung von seinem Tablet. Schob den Haarvorhang zur Seite, riskierte im wahrsten Sinne des Wortes „ein Auge“ auf sein Gegenüber.

Und auch hier blinzelte ein fröhliches, blitzblaues Auge durch die Haarmähne, die von schlanken Fingern geteilt wurde.

„Wer bist du?“ flüsterte der junge Mann. Betont leise, um sein Gegenüber nicht zu erschrecken.

„Mein Name ist Jane!“ kam es leise zurück.
„Und ich bin Tarzan!“ schmunzelte er zurück.

Denn zum Glück war ihm im Laufe seines Tabletdaseins der Humor noch nicht ganz abhanden gekommen.

So fanden die beiden fehlerhaften Tablets und ihre Besitzer zusammen.
Die TB/TT blieben beieinander, schlossen schlussendlich sogar einen gemeinsamen Vertrag für neue Tablets ab.
Und die beiden, alten „Herzchenversprüher“ durften nebeneinander auf einem bevorzugten Platz in der gemeinsamen TB/TT-Wohnung ihr Ablaufdatum erwarten.

Sie waren es zufrieden!
Und sandten sich viele Herzen bis ihr Akku endgültig aufgab.

- E N D E –

© by Gitta Landgraf-Hausmann
Wien, 2014-09-21

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1 Kommentar:

  1. Eine süße Geschichte, die so ganz in unsere Zeit passt! Viel Erfolg mit dem Blog wünscht Dir Christine

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