Mittwoch, 4. Dezember 2019

Eine Weihnachtsgeschichte namens "CHRISTKINDL", die in Christkindl/O.Ö. spielt






CHRISTKINDL


Die schwache Wintersonne hatte sich hinter dicken, grauen Schneewolken verkrochen. Eisiger Wind fuhr pfeifend durch hohe Wipfel, die sich unter seiner Wucht beugten und Pulverschnee in kaltfeuchter, silbriger Wolke auf die Menschen herabstäubten, die sich soeben im kniehohen Schnee die Anhöhe empor kämpften. Die Familie, die im alten Meierhof des Schlosses Rosenegg die Feiertage verbrachte, war vor einiger Zeit losmarschiert, um der berühmten Wallfahrtskirche in Christkindl einen vorweihnachtlichen Besuch abzustatten.
Die Abkürzung war keine gute Idee, stellte eine dick vermummte, weibliche Gestalt  bei sich selbst fest.
"Brrr! Ist das kalt!" äußerte sich ein zehn Jahre altes Mädchen, das dem Rest der Familie, Energie geladen, einige Schritte vorausgeeilt war.
"Will nach Hause", murrte eine kleine Gestalt in einen dicken Schal, der die untere Gesichtshälfte verbarg; schmiegte sich dabei Mitleid heischend an seine vom Aufstieg atemlose Mutter, die schnaufend stehengeblieben war.
"Nur mehr ein kleines Stückchen", versuchte sie ihren kleinen Sohn zu motivieren. Strich ihm mit Fäustling bewehrter Hand über die dicke Wollmütze, unter der blonde Löckchen vorwitzig hervorlugten.
"Du warst bisher so tapfer", lobte sie den Fünfjährigen leise. "Da wirst Du doch jetzt nicht aufgeben", flüsterte sie ihm zu; hob ihn bei diesen Worten aber vorsichtshalber, zärtlich hoch.
"Ist das schön hier", meinte der Vater fröhlich, der den Abschluss gebildet hatte und jetzt zu der wartenden Gruppe stieß.
"Hat sich doch ausgezahlt, die ganze Plackerei, nicht wahr?" schnaufte er und blickte Beifall heischend in die Runde.
"Jetzt sehen wir uns die Kirche an, und dann geht es wieder nach Hause! In die warme Stube!" trompetete er gutgelaunt mit lauter Stimme.
"Mach nicht so einen Lärm", mahnte seine Frau, da er die Stille, die bisher über der Landschaft gelegen hatte, empfindlich störte. Dann trug sie ihren müden, kleinen Sohn die letzten Schritte bis zur Kirche auf dem Arm.
Vater und Tochter hatten die wenigen Schritte, die sie von  dem engelgeschmückten Portal trennten, bereits zurückgelegt und öffneten gerade gemeinsam die schwere, mit Eisenrosetten verzierte Tür.
Sie schwang ächzend auf und gab den Blick frei auf das Gold schimmernde, prunkvolle Innere der Kirche, das die Eintretenden zu atemloser Bewunderung veranlasste.
Die Kirche selbst war an und für sich nicht sonderlich groß, aber von außergewöhnlicher Schönheit. Kerzen spendeten verschwenderisch warmes, flackerndes Licht. Ein Gefühl von  unglaublichem Frieden umfing die Eintretenden wie eine sanfte Frühlingsbrise, die den Panzer selbst seit langer Zeit verhärteter Herzen schmelzen lässt.
"Macht doch die Tür zu", murmelte der Vater entgegen seiner sonstigen Gewohnheit sehr leise. Dann ging er zu seinen Kindern, legte seine Arme um ihre Schultern und zog die beiden eng an sich.
Stille umgab sie, nur das feine Knistern und leise Zischen brennender Kerzen war zu hören, sowie das sich allmählich beruhigende Atmen der kleinen Menschengruppe. Die Kinder zogen die schützenden Fäustlinge von den Händen und bliesen den warmen Atem auf die vor Kälte steifen Finger; tauchten diese dann in den Weihwasserkessel und schlugen das Kreuzzeichen, wie sie es gelernt hatten.
Das aufgeweckte Mädchen entdeckte  e s  natürlich als erstes und jubelte in seiner unbekümmerten Art laut auf; beendete die weihevolle Stimmung durch seine Fröhlichkeit.
"Seht doch! So seht doch!" rief sie. Zeigte auf das kleine, vielleicht nur 10 cm große Jesuskind, das über dem Altar in einem prächtig geschnitzten und vergoldeten Schrein, oberhalb des als Weltkugel geformten Tabernakels, aufbewahrt wurde.
„Was hat es denn da in der Hand?“ wollte ihr Bruder wissen.
Das Mädchen kniff die Augen zusammen, als wenn es schlecht sehen würde.
„Das ist ein Kreuz…und eine Dornenkrone“ erklärte sie dann eifrig.
"Friert es denn nicht?" fragte der kleine Junge unvermittelt. Bei diesen Worten sogar ein wenig fröstelnd.
„Wer?“ fragte seine Schwester verblüfft zurück.
„Na, das Kind.“
"Aber das ist doch aus Wachs!" kicherte die Schwester.
"Wachs?" staunte der Bruder. „Das Kind ist aus Wachs?“ blickte er misstrauisch.
Er hatte noch nie von einem 'Wachskind' gehört! Und überdies wusste er aus bitterer Erfahrung, dass sich seine Schwester gerne kleine Scherze mit ihm erlaubte.
„Jawohl! Aus Wachs!“ bestätigte sein Schwesterlein.
„Das ist die berühmte Gnadenfigur“, erklärte die Mutter, die der Unterhaltung der Beiden zugehört hatte. „Im Jahre 1695 stellte ein sehr kranker Mann, namens Ferdinand Sertl, ein kleines Jesuskind aus Wachs in die Höhlung einer Fichte und betete aus ganzem Herzen, dass ihm geholfen werde. Tagtäglich flehte er um seine Genesung. Und tatsächlich wurde er geheilt. Das sprach sich natürlich herum, und es kamen immer mehr Menschen, die das Jesuskind ebenfalls um Hilfe baten. Man nannte den Platz „Zum Christkindl unterm Himmel“, und eines Tages war es soweit, dass um dieses Plätzchen herum eine Kirche gebaut wurde und zwar im Jahre 1702.“
„Weißt Du übrigens, welcher berühmte Baumeister hier mitgewirkt hat?“ wandte sie sich an ihre Tochter.
"Ohhh! Hier gibt es das Christkind ja noch einmal!" begeisterte sich das Mädchen, um von ihrem Nichtwissen abzulenken.
„Jakob Prandtauer“ klärte sie die Mutter völlig sinnlos auf. Der kleine Wildfang wies nämlich bereits aufgeregt auf ein abseits stehendes, spitzentuchgeschmücktes Tischchen, auf dem allerlei buntes Spielzeug, Strohsterne und auch eine kleinere Kopien des Jesuskindes feilgeboten wurden.
Das Mädchen konnte sich daran gar nicht satt sehen und betrachtete die Schätze mit offenem Mund.
Aber die Augen des kleinen Jungen blieben nicht an denselben Dingen hängen, die seine Schwester so begeisterten.
"Das schöne Pferdchen", hauchte er hingerissen und trippelte eilig darauf zu; betrachtete es mit glänzenden Augen, wobei er sich auf Zehenspitzen stellen musste, um überhaupt auf den Tisch hinaufzusehen.
Es war aber auch wirklich ein ganz besonders schönes, glänzend schwarz lackiertes Holzpferdchen, das mit einem tiefroten Samtsattel und goldenen Seidenfadenzaumzeug versehen war. Am besten gefiel ihm aber das Glöckchen, das das Pferdchen an einer tannengrünen Kordel um den Hals trug.
Der Knabe stand schon eine ganze Weile auf den Zehen, als er endlich zu schwanken begann. Und beinahe hätte er das Tischtuch samt den darauf befindlichen Gegenständen herab gerissen, da ihm die müden Beine endgültig den Dienst versagten.
Da packten ihn im letzten Moment zwei kräftige Mädchenarme hilfreich und hoben ihn hoch, so dass er wieder die bunten Herrlichkeiten betrachten konnte.
"Ist es nicht wunderschön?" flüsterte ihm seine Schwester ganz leise ins Ohr.
Er nickte begeistert und zustimmend.
"Ja! Das ist das aller-, allerschönste Pferdchen, das ich je gesehen habe", gluckste er fröhlich.
"Blödsinn!" antwortete sie rüde und setzte ihn unsanft ab.
"Ich meine doch das Christkind!  D a s  ist wunderschön!" klärte sie ihn auf und starrte begehrlich auf die kleinen Figuren.
Dann las sie langsam das danebenstehende Schildchen vor: "Zugunsten bedürftiger Kinder. Jedes Stück 50,-- Schillinge."
"Ob Mami und Papi uns etwas kaufen?" überlegte sie laut.
Platzte dann mit ihrer schönsten Schmeichelstimme heraus: "Papi! Kaufst du uns was?"
"Bitte! Bitte!" stimmte der kleine Bruder sofort eifrig in den Bettelchor ein.
Tatsächlich griff der Vater lachend in die Hosentasche, um die Brieftasche zu zücken, jedoch leider vergeblich.
"Verdammt! Ich habe das Geld zu Hause gelassen", rutschte ihm heraus.
"Hör auf zu fluchen! Du bist in einer Kirche!" flüsterte seine Frau und begann nun ihrerseits in den Manteltaschen zu kramen.
"Ich habe auch kein Geld bei mir", stellte sie gleich darauf verärgert und bedauernd fest.
„Wir wollten doch nur einen Spaziergang machen“, zuckte sie hilflos mit den Achseln, als sie in die enttäuschten Kindergesichter blickte.
"Ich  w i l l  aber das Christkind", kam es trotzig und den Tränen bedrohlich nahe aus der Richtung des Mädchens.
"Ich bezahle es selbst - vom Weihnachtsgeld, das mir die Tante gegeben hat", bot sie den Eltern an.
Und heulte gleich darauf laut los. Wütend auf sich selbst.
War ihr doch eingefallen, dass besagte Scheine wohl verwahrt zu Hause in der Sparbüchse lagen.
"Tut mir wirklich leid", meinte ihre Mutter; strich dem Töchterchen tröstend über die Wangen.
"Kommt! Wir gehen jetzt!" ärgerte sich der Vater, dass der schöne Ausflug in Tränen enden musste.
Der kleine Junge hatte sich bisher erstaunlich ruhig verhalten. Nur Wangen und Ohren waren vor Aufregung knallrot, sein Herz pochte heftig; seine linke Hand glitt in den Fäustling zurück und umklammerte dort den Schatz, den er trotz mütterlichen Verbotes mitgenommen hatte.
Auch ihm hatte die alte Tante Geldscheine zugesteckt.
"Pass gut auf, das sind 50 Schillinge! Damit kannst du dir eine Menge Süßigkeiten kaufen", lächelte sie.
Seither schwelgte er in der Vorfreude auf den Genuss von Gummibärlis, Colafläschchen und sonstigen Leckereien, die in großen Glasbehältern in "seinem" Süßwarengeschäft auf ihn warteten. Leckereien, die jetzt allerdings vergessen waren.
Stattdessen musste er nun eine sehr, sehr schwere Entscheidung treffen.
Da gab es dieses wunderschöne Pferdchen, das verlockend vor ihm stand. Ein Spielzeug, das so lebensecht wirkte, als ob es nur darauf wartete, fröhlich wiehernd  über den Tisch zu galoppieren.
Dieses prächtige, bunte, goldgezäumte, rotgesattelte, lackschwarzglänzende Pferdchen, das ganz offensichtlich von ihm mitgenommen werden wollte!
Andererseits weinte seine große Schwester so heftig und ungeniert, wie er sie noch nie hatte weinen sehen. Und es lag in seiner Macht, ihre Tränen zu stillen!
Die heftigen Kämpfe, die er mit sich ausfocht, zeichneten sich sichtbar auf dem normaler Weise glatten, faltenlosen Kindergesicht ab. Und schließlich bot der kleine Junge seiner Umwelt vor lauter Grübeln und wegen der schweren Entscheidung eine ziemlich finstere Miene dar.
"Kommt jetzt!" unterbrach die Stimme des Vaters seine Überlegungen.
"Kommt! Es wird schon finster. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns!" drängte er. Und warf einen prüfenden und besorgten Blick in den wolkenbedeckten Himmel, der sich Schnee dräuend über ihnen wölbte, als sie ins Freie traten.
"Hör jetzt endlich auf zu heulen", herrschte er gleich darauf seine noch immer schluchzende Tochter an. Er vertrug es absolut nicht, wenn eines seiner Kinder unglücklich war.
Der kleine Junge aber stand wie eingefroren und starrte noch immer auf das Tischchen.
Dann fiel die Entscheidung.
Blitzschnell.
Er zog die Geldscheine aus dem Fäustling, steckte sie, nochmals auf Zehenspitzen balancierend, in die dafür vorgesehene Kasse und griff nach dem heißbegehrten Gegenstand auf dem Tisch.
Eilig lief er seiner Familie nach, deren schmollendes und schniefendes Schlusslicht seine Schwester bildete. Beinahe wäre er in dem tiefen Schnee gestolpert, konnte den Sturz aber gerade noch verhindern. Dann hielt er dem Mädchen, vor Anstrengung und Aufregung keuchend, die um einen Gegenstand schützend gewölbten Hände entgegen. Öffnete sie ganz langsam und starrte seine Schwester gespannt an.
Sie schrie leise auf. Ihre Augen wurden riesengroß vor Überraschung.
"Hast du es bezahlt?“ wollte sie dann, sehr leise, Schlimmes befürchtend, wissen.
Energisches Nicken ihres kleinen Bruders.
„Womit denn?" wollte sie neugierig wissen. Und ein letztes Tränlein, möglicher Weise der Freude, rollte dabei über ihre Wange.
"Tante! Geld" teilte er stolz, aber etwas wortkarg mit.
"Dass du das für mich getan hast!" flüsterte seine große Schwester und ergriff  vorsichtig das winzige, wächserne Jesuskind. Dann nahm sie die Hand ihres kleinen Bruders ganz fest in die ihre, und so schritten die Beiden in vollkommener Eintracht nebeneinander her.
Zu Hause angelangt, war sie ihm bei der Anfertigung einer äußerst schwierigen und komplizierten Zeichnung behilflich, die in einen an das Christkind adressierten Umschlag gesteckt und ins Fenster gestellt wurde.
"Mach dir aber nicht zu große Hoffnungen", warnte sie ihren Bruder, "das Christkind hat ja so viel zu tun!"
Aber er ließ sich nicht entmutigen, teilte seinen Herzenswunsch zur Sicherheit noch mal während des Abendgebetes dem Christkind mit und schloss dann zuversichtlich die Augen, um in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu fallen.
Am nächsten Morgen war der Umschlag verschwunden, und der kleine Junge daher bester Laune.

Der Weihnachtsabend war endlich da. Eine prächtige Silbertanne schmückte das Wohnzimmer im alten Meierhof. Buntbemalte Figürchen aus Holz, Salzteig und aus Pappmache´, funkelnde Glassterne, leuchtend rote Kugeln und weiße Kerzen zierten den Baum, der den köstlichen Duft des Waldes verströmte.
Und ganz vorne, auf einer Astspitze, in seiner Augenhöhe, entdeckte der Junge eine wohlbekannte, kleine Wachsfigur, die sich in der warmen Luft langsam drehte und ihren Betrachter fröhlich anzulächeln schien.
Aber unter den zahlreichen, in weihnachtliches Glanzpapier verpackten Päckchen, befand sich eines, das schon während des Singens der Weihnachtslieder seine Blicke magisch angezogen hatte.
Hat mir das das Christkind gebracht? zeigte er darauf; blickte seine Mutter mit großen Augen fragend an.
Sie lächelte und nickte.
Er zappelte vor Ungeduld, dass er dieses „Weihnachts-Bonbon“ endlich öffnen dürfe. Denn wie ein großes Bonbon sah es ja tatsächlich aus. Siegessicher griff er als erstes danach, riss das Papier aufgeregt in Fetzen und - da war es! Sein Glöckchen geschmücktes, schwarz lackiertes, rot gesatteltes Holzpferdchen!
Als sich seine triumphierende Begeisterung ein wenig gelegt hatte, und er, selig spielend, das heiß ersehnte Spielzeug über den Teppich galoppieren ließ, freute er sich zuerst aus tiefstem Herzen, dass das Christkind bei der vielen Arbeit tatsächlich noch Zeit gefunden hatte, seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen.
Doch dann fiel ihm schuldbewusst ein, dass das Christkind die Mühsal des weiten Weges nach Christkindl,  so steil bergauf und durch kniehohen Schnee, seinetwegen auf sich genommen hatte.
Aber plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
Er hatte vergessen, dass Engel  f l i e g e n  können!
Und da fühlte er sich gleich  viel, viel besser.
Das hatte die Sache für das Christkind sicher um einiges einfacher  gemacht.

©Gitta Landgraf-Hausmann 2015


INFORMATIONEN AUS DEM INTERNET


Christkindl ist ein Stadtteil von Steyr und beheimatet die Wallfahrtskirche Christkindl (benannt nach einer wächsernen Christkindl-Figur am Altar) wie auch ein Sonderpostamt. International bekannt wurde Christkindl, als die österreichische Post 1950 das Sonderpostamt A-4411 Christkindl einrichtete, das seither jedes Jahr in der Adventzeit Grußsendungen mit einem speziellen Weihnachtsmotiv-Sonderstempel versieht. Pro Jahr werden heute über zwei Millionen Briefe über das Sonderpostamt verschickt. Das Christkindl-Postamt beantwortet auch Kinderbriefe ans Christkind.

Christkindlwallfahrt – Geführte Wanderung auf den Spuren von Ferdinand Sertl
Wachsfigur Wallfahrtskirche Christkindl
Foto: TVB Steyr
Bereits zum vierten Mal findet im Jänner 2015 die geführte Christkindlwallfahrt statt. Pilger können dabei ihre innere Ruhe nach den hektischen Weihnachtsfeiertagen wiederfinden. Auch diese Saison werden mehrere Termine mit den Christkindler Wallfahrtsbegleiterinnen Johanna Eisner und Astrid Dunst angeboten. Von der Wallfahrtskirche Christkindl aus begibt man sich bei der geführten Wallfahrt auf die Spur von Ferdinand Sertl, dessen Heilung zur Gründung von Christkindl führte. Die erste Etappe führt nach Garsten, wo der Bauherr der Christkindler Kirche Anselm Angerer damals Abt des Benedikterstiftes war. In der ehemaligen Stiftskirche können die Pilger dem Klang der Orgel lauschen. Anschließend geht es entlang der Enns nach Steyr zur Stadtpfarrkirche, wo Ferdinand Sertl Stadtkapellmeister und Betreuer der Feuerwache am Stadtpfarrkirchturm war. Andacht in der Stadtpfarrkirche mit musikalischer Untermalung der Familienmusik Häusler. Die letzte Etappe führt zurück nach Christkindl, wo Ferdinand Sertl nach geduldigem Beten von der Epilepsie geheilt worden sein soll. In der Wallfahrtskirche Christkindl gestalten Veronika und Andreas Kelcher ein kleines Konzert zum Abschluss.
© TVB Steyr
Wallfahrtskirche Christkindl
1695 stellte der schwerkranke Türmer und Kapellmeister Ferdinand Sertl ein kleines Jesuskind aus Wachs in die Höhlung einer Fichte. Mehrmals in der Woche ging er dorthin um zu beten. Als er von der Epilepsie geheilt wurde, kamen so viele Wallfahrer, dass der Bau einer Kirche notwendig wurde. Es entstand der Name “Zum Christkindl unterm Himmel”. Die heutige Kirche wurde 1702 von Giovanni Battista Carlone begonnen, und ab 1708 von Jakob Prandtauer vollendet.

Die Gnadenfigur, ein nur 10 cm hohes, aus Wachs geformtes, stehendes Jesuskind, das Kreuz und Dornenkrone in Händen hält, befindet sich heute am Hochaltar in einem kleinen Schrein, oberhalb des als Weltkugel geformten Tabernakels.


Die Wallfahrtskirche Christkindl
Als um 1696 der an Fallsucht leidende Steyrer Stadtmusikmeister Ferdinand Sertl durch seine Bittandachten vor einer kleinen aus Wachs geformten Christkindfigur, die er in einem Wäldchen bei Unterhimmel in die Höhlung einer Fichte gestellt hatte, geheilt wurde, pilgerten in den nächsten Jahren viele Leute dorthin.
Abt Anselm I. von Garsten ließ hier vorerst eine Einsiedelei errichten. Der wachsende Zulauf des Volkes aber veranlasste ihn, 1702 nach Plänen des Baumeisters Giovanni Battista Carlone den Bau einer Kirche in Angriff zu nehmen. Sie wurde 1703 bis zum Gewölbeansatz fertig gestellt. Erst in diesem Jahre ersuchte Anselm das bischöfliche Ordinariat zu Passau um die Baubewilligung. Entrüstet über das eigenmächtige Vorgehen des Abtes, verfügte Bischof Josef Dominik Graf von Lamberg die sofortige Einstellung der Bauarbeiten. Nach fünf Jahren, am 16. April 1708, langte von Passau endlich die Erlaubnis zur Weiterführung des Kirchenbaues ein, die nun dem Baumeister Jakob Prandtauer übertragen wurde. Im Rahmen einer großen kirchlichen Feier am 29. September 1709 konnte der Garstner Abt die Benediktion des im großen und ganzen vollendeten Gotteshauses vornehmen. Um 1880 wurden die Fassadentürme Prandtauers nach Plänen des Linzer Dombaumeisters Otto Schimmer erhöht.
Das der Kirche Santa Maria Rotonda (Pantheon) in Rom ähnliche Gotteshaus ist mit seinem Rundbau und den vier Apsiden ein im süddeutschen Barock isoliert stehendes Bauwerk. Man hatte es so erbaut, dass Fichtenstamm und Gnadenbild auf dem ursprünglichen Platz verbleiben konnten. Diese Fichte bildet das Kernstück des um 1720 jedenfalls von Leonhard Sattler aus St. Florian gestalteten Hochaltares. Eine in Kupfer getriebene, vergoldete Weltkugel, die der Kupferschmied Josef Hieber um 1760 anfertigte, bildet den Tabernakel.
Das Kuppelfresko, darstellend die Himmelfahrt Mariens und das in satten Farben gehaltene, figurenreiche Weihnachtsbild am linken Seitenaltar malte der Garstner Hofmaler Karl von Restfeld. Das Gemälde am rechten Seitenaltar, eine Kreuzigung von Karl Loth, stammt aus dem Kloster Tegernsee in Bayern. Die mächtigen Altarrahmen schnitzte der Laienbruder Marian Rittinger in Garsten.
Dr. Josef Ofner



























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